Nachhaltigkeits-Reporting

Net Zero – So lassen sich Strategien auf Basis von Reporting-Standards entwickeln

Treibhausgasemissionen zählen zu den Hauptauslösern der globalen Erderwärmung. Damit einher gehen erhöhte Meeresspiegel, extreme Wetterereignisse und Todesfälle weltweit. Angesichts der planetaren Grenzen und mit Blick auf kommende Generationen bleibt keine andere Wahl: Langfristig müssen die Emissionen reduziert werden. Ein Lösungsweg ist der Net-Zero-Ansatz. Was bedeutet Net Zero und welche Relevanz hat er für Unternehmen?

Definition: Net Zero (dt. Netto-Null)

Net Zero bedeutet, dass die Gesamtgleichung der ausgestoßenen und gebundenen Treibhausgase (THGs) wie Kohlenstoffdioxid (CO₂) oder Methan null beträgt. Dieser Ansatz basiert auf zwei Säulen: Der erste Schritt beinhaltet die Reduktion von vermeidbaren THGs, in einem zweiten Schritt geht es um die Bindung von bereits ausgestoßenen Treibhausgasmolekülen aus der Atmosphäre.

Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bezieht sich in der Definition von Net Zero explizit auf anthropogene (menschenverursachte) Treibhausgase. Diese Emissionen in den nächsten 15 Jahren auf Net Zero zu reduzieren ist auch entscheidend, um die globale Erderwärmung auf 1,5° zu begrenzen – das erklärte Ziel im Rahmen des Pariser Abkommens.

Welche Argumente sprechen für den Net-Zero-Ansatz?

Eine zentrale Herausforderung bei der Bekämpfung der Klimakrise ist die Frage der globalen Verantwortung. Denn während Länder im globalen Norden zur Zeit der Industrialisierung ihren ökonomischen Vorsprung ohne Einschränkungen ausbauen konnten, stehen Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen erst am Anfang dieses Prozesses, der mit hohen Emissionen verbunden ist. Gleichzeitig ist es noch ein langer Weg, bis ausreichend grüne Energie erzeugt werden kann, um den globalen Bedarf zu decken.

Der Net-Zero-Ansatz könnte dazu beitragen, dieses Dilemma zu lösen. Er ermöglicht, Treibhausgasemissionen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auszugleichen, die nicht über ausreichend Budget verfügen, um in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass diese Länder überproportional von der Klimakrise betroffen sind, die maßgeblich durch den globalen Norden verursacht wurde.

Kritik an Net Zero

Auf der anderen Seite wird Net Zero häufig mit Greenwashing in Verbindung gebracht. Die Kritik: Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen könnten als weniger dringend erscheinen, wenn die Option besteht, diese anschließend aus der Atmosphäre zu ziehen. Öl- und Gasunternehmen erhalten bereits Subventionen zur Bindung ihrer Emissionen, zum Nachteil erneuerbarer Energien. Eine Neubewertung der Subventionen ist für die Förderung der Energiewende daher unerlässlich.

Anstatt Emissionen zu reduzieren, könnten Unternehmen und Länder zudem versucht sein, diese ins Ausland zu verschieben. Das GHG-Protokoll ist der weltweit anerkannte Standard zur Erfassung, Berichterstattung und Verwaltung von Treibhausgasemissionen und hilft, dem entgegenzuwirken. Er verpflichtet Unternehmen dazu, nicht nur ihre direkten Emissionen, sondern auch indirekte Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette offenzulegen. Zusätzlich fördert er den Einsatz einheitlicher Messmethoden, um Unstimmigkeiten bei den gemeldeten Daten zu vermeiden und die tatsächlichen Auswirkungen der THG-Emissionen von Unternehmen zu ermitteln.

Standards zur Offenlegung von Klimaschutzmaßnahmen

Treibhausgasemissionen zu messen ist eine Grundvoraussetzung für Unternehmen, um gezielte Net-Zero-Strategien zu entwickeln. Standards wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Global Reporting Initiative (GRI) stellen sicher, dass die Erfassung und Berichterstattung von Treibhausgasen nach klaren und einheitlichen Kriterien erfolgt.

Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) ist seit 2023 in Kraft. Sie verpflichtet große und börsennotierte Unternehmen in der EU (ausgenommen von Kleinstunternehmen) dazu, Informationen über sozialen und ökologischen Auswirkungen nachvollziehbar offenzulegen. Die CSRD stärkt die Offenlegung von Informationen, während die GRI weltweit anerkannte Leitlinien für eine transparente Unternehmensberichterstattung bereitstellt.

Die GRI (Global Reporting Initiative) ist eine unabhängige Organisation, die Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen entwickelt. Diese Standards decken die Bereiche Wirtschaft, Umwelt und Soziales ab. Sie stehen im Einklang mit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, den ILO-Konventionen sowie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen.

Die Standards der CSRD und GRI-Standard sind interoperabel, sodass Organisationen, die bereits GRI-Standards anwenden, auch im Rahmen der CSRD nach den ESRS-Normen berichten können. Die Messung der Treibhausgasemissionen ist in beiden Standards ein wesentlicher Bestandteil der Wesentlichkeitsbewertung von Umweltauswirkungen. Diese Bewertung basiert auf dem GHG-Protokoll des World Resources Institute (WRI) und World Business Council for Sustainable Development (WBCSD).

Die Verpflichtung zu Net Zero geht jedoch über die Einhaltung von Vorschriften hinaus. Es ist eine strategische Entscheidung, die wirtschaftliche Stabilität, Innovation und die Zufriedenheit von Stakeholdern fördert. Die Annahme dieser Herausforderung positioniert Unternehmen als zukunftsorientierte Organisationen, die Nachhaltigkeit fest in ihr Geschäftsmodell verankern.

Climate Transition Disclosure-Pläne gemäß der Nachhaltigkeitsreporting-Standards

Climate Transition Disclosure-Pläne (dt. Übergangspläne für den Klimaschutz) sollten gemäß der Nachhaltigkeitsreporting-Standards folgende Aspekte beinhalten:

  • Bewertung der materiellen und potenziellen Auswirkungen von Vorhaben im Zusammenhang mit dem Klimawandel.
  • Beschreibung eines Climate Transition Disclosure-Plans im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen (oder einem aktualisierten internationalen Abkommen zum Klimawandel) sowie der Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5°C.
  • Darstellung, wie der Climate Transition Disclosure-Plan in die Geschäftsstrategie integriert ist.
  • Messung und Berichterstattung ihres Energieverbrauchs und -mix, ihre Brutto-Treibhausgasemissionen sowie ihre Gesamtemissionen. Dies beinhaltet auch die Berichterstattung über die THG-Entfernungen und -speicherung sowohl aus den direkten Unternehmensaktivitäten als auch entlang der Wertschöpfungskette sowie die Menge der THG-Reduktion oder -Entfernung durch Klimaschutzprojekte außerhalb ihrer Wertschöpfungskette.

Wie erreicht man Net-Zero-Ziele?

Die Messung der Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungskette und die Analyse der Zusammenhänge bilden den Eckpfeiler umfassender Übergangspläne für den Klimaschutz. Zunächst müssen die gesamten (vor- und nachgelagerten) Treibhausgasemissionen gemessen werden. Anschließend sollte ein Rahmen geschaffen werden, um strategische Pfade zur Klimaneutralität zu entwickeln. Diese Pfade legen die Reduktionsraten fest, die erforderlich sind, um den Net Zero auf globaler und sektoraler Ebene zu erreichen. Um die aussagekräftigsten Ergebnisse zu erzielen, müssen diese strategischen Pfade auf der Grundlage einer einheitlichen und zuverlässigen Methodik definiert werden.

Wie erreicht man Net-Zero-Ziele?

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Messung von Scope 3

Das GHG-Protokoll unterteilt Treibhausgasemissionen in drei Bereiche, sogenannte Scopes. Scope 1 beinhaltet direkte Emissionen aus unternehmenseigenen Quellen, Scope 2 indirekte Emissionen aus der Energienutzung und Scope 3 die übrigen indirekten Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Im Durchschnitt entstehen 75 % der Treibhausgasemissionen eines Unternehmens außerhalb der eigenen Unternehmensaktivitäten in der Lieferkette. Daher ist die Messung dieser Emissionen entscheidend, um einen realistischen Ausgangswert zu erhalten und Unternehmensziele festzulegen. Darüber hinaus hilft die Analyse, ökologische Hotspots und Reduktionspotenziale entlang der Lieferkette zu identifizieren. Lesen Sie mehr über die Bewertung von Scope 3 in diesem Artikel.

Bewertung von Übergangsrisiken

Ein Teil der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Wesentlichkeitsanalyse, bei der die wichtigsten Themen identifiziert werden, die Geschäftstätigkeiten beeinflussen und die für Stakeholder relevant sind. Durch die Identifikation und Priorisierung von Risiken können Unternehmen gezielte Maßnahmen ergreifen, um potenzielle Schäden zu minimieren und ihre Resilienz zu stärken.

Der Übergang zu Net Zero Emissionen beeinflusst in zweifacher Weise die vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten eines Unternehmens. Zu den potenziellen Übergangsrisiken zählen politische, rechtliche, wirtschaftliche, technologische und Reputations-Risiken, die zu finanziellen Risiken führen können. Zusätzlich zu diesen Übergangsrisiken gibt es klimabedingte physische Risiken, wie z. B. die Zunahme extremer Wetterereignisse oder anhaltend hohe Temperaturen, die Unternehmen vor Herausforderungen stellen, die nicht nur ihre eigenen Geschäftstätigkeiten, sondern auch die globale Lieferkette betreffen.

Standardisierte Emissionskennzahlen bieten eine ganzheitliche Sicht auf diese Auswirkungen, um die vielfältigen Übergangsrisiken zu verstehen und zu bewältigen. Diese Kennzahlen helfen dabei, die verschiedenen Risiken im Zusammenhang mit dem Übergang zu klimafreundlichen Praktiken zu identifizieren und zu managen. Dies ist von großer Bedeutung, sowohl für Unternehmen als auch für Investoren. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr darüber, wie Impact Valuation die Auswirkungen für Unternehmen messbar und verständlich macht.

Standardisierung der Emissionsmessung – eine gemeinsame Initiative

Um die Nachhaltigkeitsreporting-Standards zu erfüllen, müssen Unternehmen ihren Fortschritt in Bezug auf validierte Ziele jährlich offenlegen, beispielsweise in ihrem Nachhaltigkeitsbericht. Dazu zählen auch ihre Scope-3-Emissionen innerhalb definierter Grenzen. Die Entwicklung eines Inventars zur Berechnung von Scope-3-Emissionen ist jedoch herausfordernd, da Daten schwer zu beschaffen und oft unvollständig sind. Um Datenlücken zu schließen, ist eine Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft wertvoll. Gemeinsame Initiativen verbessern die Genauigkeit und Vergleichbarkeit der aktuellen und zukünftigen Situation, ein zentrales Ziel der Impact Valuation.

Unter Verwendung von Treibhausgasemissions-Faktoren können Unternehmen ihre Auswirkungen messen, vergleichen und kommunizieren. WifOR bietet Koeffizienten, die angeben, wie viele Treibhausgasemissionen durch die wirtschaftliche Aktivität in einem bestimmten Land und Sektor direkt und entlang der globalen Lieferkette ausgelöst werden. Erfahren Sie mehr über die Treibhausgasemissions-Faktoren von WifOR hier.

Aufbau von Reduktionsszenarien und Prognosen

Unternehmen mit globalen Wertschöpfungsketten stehen vor komplexen strategischen Entscheidungen: Sie müssen  ihren Beitrag zum Klimaschutz mit dem Ziel profitabler Unternehmensführung vereinbaren. Mithilfe des WifOR Sustainability Impact Tools (WISIT) können Organisationen ihre Emissionen messen und Szenarien für die Erreichung von Net Zero entwickeln.

In Projekte zur CO₂-Kompensation und -bindung investieren?

Die CSRD und die GRI verlangen von Unternehmen, dass sie Informationen gemäß der Minderungshierarchie offenlegen. Unternehmen sollten vorrangig Treibhausgasemissionen vermeiden, indem sie von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen umsteigen. Anschließend sollten sie ihre Bemühungen darauf konzentrieren, die Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch eine Verbesserung der Energieeffizienz zu erreichen. Als letzter Schritt sollten Unternehmen Methoden zur Entfernung von Treibhausgasen einsetzen, um die verbleibenden Emissionen entlang der Lieferkette auszugleichen.

Ein primäres Ziel dieser Standards besteht darin, die CO-Kompensation durch Entfernungsprojekte zu verhindern. Allerdings sind Kohlenstoffentfernungsstrategien möglich, wenn Unternehmen etwa 90 bis 95 Prozent ihrer Brutto-Treibhausgasreduktion durch die primären Strategien erreicht haben. Kohlenstoffgutschriften können jedoch nicht genutzt werden, um verbleibende Emissionen auszugleichen und Net-Zero-Ziele zu erreichen.

WifOR unterstützt Unternehmen bei der ganzheitlichen Messung ihrer Treibhausgasemissionen entlang der Lieferkette. Unsere Emissionsprognosen bilden die Grundlage für die effektive Entwicklung von Net-Zero-Strategien, um ökologische Herausforderungen zu bewältigen. Eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie geht jedoch über die Betrachtung der Treibhausgasemissionen hinaus. Impact Valuation ermöglicht eine gezielte Konzentration auf Bereiche, die den ökologischen Fußabdruck eines Unternehmens entlang der Wertschöpfungskette am deutlichsten verbessern können. Wenn Sie mehr dazu erfahren möchten, wenden Sie sich hier an unsere Expertinnen und Experten.