In diesem Artikel stellen wir unsere Gesundheitswirtschaftsanalyse anhand konkreter Ergebnisse am Beispiel ausgewählter Länder Lateinamerikas vor. Die Zahlen in der folgenden Beispielstudie verdeutlichen, warum sich Gesundheitsinvestitionen auszahlen, die Wirtschaft stabilisieren und Beschäftigung fördern.
Die drei Hauptziele der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung (GGR)
- Die Größe der Gesundheitswirtschaft und den Return on Invest von Gesundheitsausgaben zu messen und mit anderen Sektoren und Ländern vergleichbar zu machen.
- Verständnis dafür zu schaffen, warum das Thema Gesundheit auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik berücksichtigt werden sollte.
- Zu ermöglichen, die gesundheitsökonomischen Beiträge eines Landes mit politischen Zielen wie dem SDG 8 (menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) sowie dem SDG 3 (Gesundheit und Wohlergehen) zu vergleichen.
Laden Sie hier die Beispiel-Studie herunter:
Die folgende Abbildung zeigt den Beitrag ausgewählter lateinamerikanischer Länder der Gesundheitswirtschaft zur Gesamtwirtschaft im Jahr 2020. Je nach Land trägt die lateinamerikanische Gesundheitswirtschaft zwischen 5,3 und 9,7 Prozent zum BIP bei und beschäftigt zwischen 5,5 und 9,5 Prozent der Erwerbstätigen. Diese Ergebnisse stützen das Argument, dass die Gesundheitswirtschaft ein wichtiger Motor für Wachstum und Beschäftigung in Lateinamerika ist.
Die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft
Durch die Berechnungen von WifOR kann die Gesundheitswirtschaft als eigener makroökonomischer Sektor bestimmt werden. Der Vergleich der Gesundheitswirtschaft mit anderen Sektoren der Gesamtwirtschaft bietet die Möglichkeit, einen greifbaren Eindruck von der relativen Größe dieses Sektors zu erhalten. Die Analyse für Mexiko verdeutlicht beispielsweise den Beitrag der Gesundheitswirtschaft im Verhältnis zu anderen Sektoren im Land.
Es zeigt sich, dass die Gesundheitswirtschaft gemessen am BIP größer ist als der mexikanische Bildungs-, Landwirtschafts- und Finanzsektor, was die relative Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für die mexikanische Wirtschaft unterstreicht.
Wirtschaftlicher Stabilisator in Zeiten der Krise
Die Analyse der Gesundheitswirtschaft in Lateinamerika macht auch die Krisenfestigkeit des Sektors deutlich: Während die Gesamtwirtschaft im Jahr 2020 deutlich zurückging, stieg der Anteil der Gesundheitswirtschaft in allen untersuchten Ländern mit Ausnahme von Chile.
Der ökonomische Fußabdruck der Gesundheitsbranche – direkte, indirekte und induzierte Effekte
Die Gesundheitswirtschaft eines Landes ist mit anderen Sektoren einer Volkswirtschaft verbunden. WifOR berechnet daher Multiplikatoren, die das Ausmaß der sogenannten Spillover-Effekte auf die Gesamtwirtschaft quantifizieren.
In Mexiko beispielsweise generiert ein direkt in die mexikanische Gesundheitswirtschaft investierter USD zusätzliche 0,8 USD in der gesamten mexikanischen Wirtschaft.
Außerdem schafft jeder in der mexikanischen Gesundheitswirtschaft geschaffene Arbeitsplatz durch Spillover-Effekte in der Gesamtwirtschaft weitere 0,6 Arbeitsplätze. Diese Zahlen stützen das Argument, dass Investitionen in die Gesundheit einen sichtbaren Return on Investment schaffen.
Als eigenständiger makroökonomischer Sektor generiert die Gesundheitswirtschaft Beschäftigung sowie wirtschaftliche Aktivität und damit zusätzlichen Wohlstand, der über die Gesundheit hinausgeht. Diese Spillover-Effekte der Gesundheitswirtschaft können in Form von indirekten Effekten (entlang der Wertschöpfungskette) und induzierten Effekten (ausgelöst durch die Ausgaben der direkt und indirekt generierten Einkommen) ausgedrückt werden.
Das variierende Ausmaß dieser Spillover-Effekte in den einzelnen Ländern ist in erster Linie auf die unterschiedliche Größe der jeweiligen lateinamerikanischen Volkswirtschaften zurückzuführen.
Insgesamt zeigt sich, dass zu den 300 Milliarden direkten Effekten noch 270 Milliarden durch Spillover-Effekte im Jahr generiert werden. Die Messung der indirekten und induzierten Effekte für die Erwerbsbevölkerung unterstreicht einmal mehr die Relevanz der Gesundheitswirtschaft für den Arbeitsmarkt. So sind in Mexiko beispielsweise 2,2 Millionen Menschen direkt in der Gesundheitswirtschaft beschäftigt und weitere 0,5 bzw. 0,9 Millionen Beschäftigte hängen über indirekte und induzierte Effekte der Gesundheitswirtschaft von ihr ab. Die Berechnung des ökonomischen Fußabdrucks ermöglicht evidenzbasierte Ergebnisse des gesamten „ROI (Return on Investment) der Gesundheit“ – unter anderem das Ausmaß, in dem Gesundheitsausgaben das nationale BIP beeinflussen.
Die Gesundheitsbranche kann somit als Jobmotor für die Gesamtwirtschaft bezeichnet werden. Hinzu kommt, dass die Beschäftigung in der Gesundheitswirtschaft eine besonders hohe Produktivität aufweist. Generell besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Größe der Gesundheitsbranche und der von ihr geschaffenen Beschäftigung für die Gesamtwirtschaft.
Zusammenfassung der GGR für ausgewählte lateinamerikanische Länder 2020
- Die Gesundheitswirtschaft ausgewählter lateinamerikanischer Länder erzeugt 2020 in der Gesamtwirtschaft direkte Effekte von 300 Mrd. USD und Spillover-Effekte von 270 Mrd. USD.
- Die Gesundheitswirtschaft hat einen wirtschaftlichen Fußabdruck von 26 Millionen Arbeitsplätzen in den ausgewählten Ländern.
- Jeder USD an Bruttowertschöpfung in der Gesundheitswirtschaft schafft zusätzlichen Wert in der Gesamtwirtschaft. Ein Beispiel: Ein direkter USD in der mexikanischen Gesundheitswirtschaft erzeugt 2020 0,8 USD in der gesamten mexikanischen Wirtschaft.
Seit über einem Jahrzehnt berechnet WifOR jährlich den ökonomischen Fußabdruck der deutschen Gesundheitswirtschaft für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Die Wirtschafts-, Finanz- und Gesundheitsminister stimmen sich eng ab und diskutieren gemeinsam Gesetzesänderungen. Zudem arbeitet WifOR mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der G20 Health and Development Partnership (G20HDP) und verschiedenen Ländern weltweit zusammen, um einheitliche Standards zur Bewertung von Gesundheitsinvestitionen und der Messung ihrer Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum zu entwickeln.
Lesen Sie mehr über die Rolle der Gesundheitswirtschaft und warum wir eine gemeinsame Wirtschafts und Gesundheitspolitik für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Beschäftigung anstreben sollten in dem Artikel “Towards a Health Economy Policy – a Consolidated Economic and Health Policy Approach” von Prof. Dr. Dennis Ostwald, Rüdiger Leidner und Dr. Emmanuel Alexandrakis, Steinbeis Edition (2021):