Die Themen Diversity, Equity und Inclusion (DEI) haben zwar ihren Weg in öffentliche Debatten gefunden, ins Tagesgeschäft der meisten Unternehmen jedoch nicht. Das zeigen aktuelle Studien zur strukturellen Diskriminierung von Bewerbenden mit nicht deutsch klingenden Namen sowie der Anteil an Frauen und BIPoC in Führungspositionen. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Belege dafür, dass die Verankerung von DEI in Unternehmen ein entscheidender Erfolgsfaktor ist. Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Integration fördern nachweislich die Bindung von Mitarbeitenden sowie Innovationen und Produktivität. Wissenschaftliche Studien helfen HR-Verantwortlichen dabei, DEI in der Unternehmenskultur zu verankern und bieten gleichzeitig Argumente, um Skeptiker:innen zu überzeugen.
Die Ziele von DEI-Analysen:
- Den Status Quo von Diversity, Equity & Inclusion (DEI) in Unternehmen anhand von Schlüsselindikatoren zu messen.
- Die (potenzielle) Wirkung von DEI-Maßnahmen auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden sowie deren Produktivität zu messen.
- Datengrundlagen zu schaffen, um sinnvolle Strategien und Ziele für die Implementierung von DEI in Unternehmen zu definieren.
Diversity, Equity & Inclusion: Definition
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Diversity, Equity & Inclusion und wieso nutzen viele deutsche Expert:innen die englischen Begriffe?
Diversity
Der Begriff Diversity bedeutet im Unternehmenskontext, wie vielfältig die Mitarbeitenden sind – gemessen an verschiedenen Vielfaltsdimensionen. Die der Charta der Vielfalt hat insgesamt sieben Dimensionen definiert: Alter, ethnische Herkunft/ Nationalität, Geschlecht/ geschlechtliche Identität, körperliche/ geistige Fähigkeiten, Religion/ Weltanschauung, sexuelle Orientierung und soziale Herkunft.
Equity
Im Zusammenhang mit DEI bezieht sich der Begriff „Equity“ darauf, dass ein Unternehmen gerechte Arbeitsbedingungen schafft und sich für eine faire Behandlung aller Mitarbeitenden einsetzt. Im Mittelpunkt steht die Bekämpfung von Diskriminierung und die Anerkennung von Ungleichheiten.
Inclusion
Im allgemeinen Sprachgebrauch nutzen Menschen den deutschen Begriff „Inklusion“, um den Prozess der Integration von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft zu beschreiben. Beim englischen Begriff „Inclusion“ geht es um die Schaffung eines inklusiven Umfeldes für alle, unabhängig von ihren individuellen Merkmalen und Hintergründen. Um zu betonen, dass alle Menschen in die Gesellschaft einbezogen werden sollten, nutzen viele Wissenschaftler:innen bewusst die englischen Begriffe.
Wissenschaftliche Analysen für die Implementierung von Diversity, Equity & Inclusion
Um DEI in Unternehmen zu implementieren, ist es in einem ersten Schritt wichtig, den Status Quo im Unternehmen zu bestimmen und bestehende Strukturen sichtbar zu machen. Der Diversity-Score von WifOR misst die Vielfalt eines Unternehmens anhand von Schlüsselindikatoren wie Geschlecht, Alter, kulturelle Vielfalt, geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede, Arbeitsflexibilität und Qualifikation. Aus diesen Daten lässt sich der Score für eine nuancierte Bewertung der Vielfalt in einem Unternehmen ermitteln. Der Diversity-Score zeigt auf einen Blick, wo die Stärken und Schwächen eines Unternehmens liegen. Deshalb kann er für Reportings genutzt werden und dient gerade in der ESG-Berichterstattung als wertvoller Indikator.
Der Diversity-Score von WifOR
Um herauszufinden, wie vielfältig WifOR ist, haben unsere Forscherinnen und Forscher den Diversity-Score des Instituts berechnet. Die Bewertung umfasste sechs Indikatoren und liefert eine Leistungsbewertung von 0-10 für jeden Indikator sowie eine Gesamtbewertung. Die Ergebnisse können Sie hier herunterladen:
Hier können Sie den Diversity-Score von WifOR herunterladen
Wie lässt sich die Wirkung von DEI-Maßnahmen messen?
Die ganzheitliche Umsetzung von Diversity, Equity und Inclusion (DEI) in Unternehmen setzt voraus, dass die Auswirkungen dieser Maßnahmen messbar werden. Dies ermöglich Entscheider:innen in Unternehmen, den Zusammenhang zwischen effektiven DEI-Maßnahmen, verbessertem Wohlbefinden der Mitarbeitenden und nachhaltigem Geschäftserfolg nachzuvollziehen. WifORs DEI-Impact-Studie gliedert sich in folgende drei Schritte:
- Analyse eines breiten Spektrums von DEI-Indikatoren im Unternehmen. Dies beinhaltet Dimensionen wie Alter, Geschlecht und kulturelle Vielfalt und untersucht Faktoren, die zu einem fairen, offenen und respektvollen Arbeitsumfeld beitragen.
- Identifizierung der Auswirkungen von DEI auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden.
- Monetarisierung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Krankheitslast.
Im Kontext von DEI untersuchen die Impact-Studien von WifOR die Auswirkungen (fehlender) DEI-Maßnahmen auf die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Durch eine Analyse der Wechselwirkungen zwischen menschlichem Wohlbefinden und sozioökonomischen Auswirkungen, kann zudem der Wert von DEI-Maßnahmen auf gesellschaftlicher Ebene quantifiziert werden. Damit bietet die DEI-Impact-Studie evidenzbasierte Daten, die für den Dialog mit internen und externen Stakeholdern genutzt werden können.
Diese Chancen bieten Diversity, Equity & Inclusion für Unternehmen
Studien zeigen, dass sich viele Unternehmen bei der Suche nach Mitarbeitenden nach wie vor auf bestimmte Gruppen beschränken. Aufgrund des demografischen Wandels und des sich verschärfenden Fachkräftemangels werden sie ihren Bedarf an Mitarbeitenden so jedoch nicht langfristig decken können. Unternehmen, deren Geschäftsprozesse es erlauben, können daher ein größeres Potenzial an Fachkräften nutzen, indem sie sich von etablierten Arbeitsmodellen wie Vollzeitbeschäftigung oder einer Präsenzpflicht lösen.
Eine solche Kultur kann auch dazu beitragen, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern und eine engere Bindung an das Unternehmen zu schaffen. Dies ist von großer Bedeutung, da es Unternehmen ermöglicht, Angestellte länger zu halten und ihre Lebensqualität zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass gezielte DEI-Maßnahmen zu einer verbesserten Produktivität beitragen können. Beispielsweise wurde ein statistischer Zusammenhang zwischen Vielfalt in Managementteams und den durch Innovationen erzielten Einnahmen ermittelt. Darüber hinaus handelt es sich bei DEI um ein Thema, das unter jungen Beschäftigten zunehmend an Bedeutung gewinnt. Gerade für die Generationen Y und Z, die den Arbeitsmarkt der Zukunft bilden, ist ein diverses und gerechtes Arbeitsumfeld wichtig.
Auf institutioneller Ebene setzen beispielsweise die Value Balancing Alliance und die UN Sustainable Development Goals (SDGs) Werte wie Chancengleichheit auf die Agenda von Unternehmen. Auch in den Medien steigt der Diskurs zu dem Thema DEI, wie etwa die Verantwortung von Unternehmen im Kampf gegen Rassismus und die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Deshalb haben Unternehmen, die sich jetzt zu einer Unternehmenskultur mit entsprechenden Werten verpflichten, die Möglichkeit, ihre Haltung mit den Erwartungen der Gesellschaft in Einklang zu bringen.
Mögliche Herausforderungen: Unterschätzung der Komplexität und Intersektionalität
Eine der großen Herausforderungen bei der Umsetzung langfristiger und nachhaltiger Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion (DEI) liegt in vielen Unternehmen darin, dass das Management nicht ausreichend Rückhalt bietet. Dieser Mangel an Unterstützung führt oft dazu, dass nur symbolischer Aktivismus betrieben wird. Ein weiterer Aspekt ist, dass Unternehmen, die das Thema Diversity, Equity & Inclusion ernsthaft angehen und umsetzen möchten, häufig vor der Schwierigkeit stehen, die erforderlichen Daten zu erheben – insbesondere unter Berücksichtigung der europäischen Datenschutzbestimmungen. Darüber hinaus besteht bei vielen Maßnahmen die Gefahr der unbeabsichtigten Diskriminierung, wenn die Überschneidung der Kategorien, auch als Intersektionalität bezeichnet, nicht berücksichtigt wird. Beispielsweise konzentriert sich eine Fördermaßnahme möglicherweise nur auf die Verbesserung der Frauenrepräsentation in Führungspositionen, ohne die Ungleichheiten aufgrund ihrer sozialen oder kuturellen Herkunft zu berücksichtigen – was häufig dazu führt, dass privilegierte Personen innerhalb einer Kategorien bevorzugt werden.
Empfehlungen für die praktische Umsetzung von Diversity, Equity & Inclusion
Wie können Unternehmen angesichts der Herausforderungen erfolgreich DEI-Strategien entwickeln und umsetzen? Dieser Leitfaden bietet erste Anhaltspunkte:
- Die Erhebung von Daten zu DEI-Faktoren unter den Mitarbeitenden kann mithilfe von Befragungen durchgeführt werden. Beginnen Sie damit, Antworten auf diese Fragen zu finden: Welche demografischen Gruppen sind in meiner Organisation über-/unterrepräsentiert im Vergleich zu länderspezifischen Durchschnitten der (erwerbstätigen) Bevölkerung? Was sind die wichtigsten Inclusion-Faktoren für die Mitarbeitenden? Indem Sie DEI messbar machen, können Sie für ihr Unternehmen die Auswirkungen ihrer Maßnahmen ermitteln und mit anderen in der Branche sowie mit den internationalen Zielen wie beispielsweise den SDGs vergleichen. Diese Erhebungen sollten regelmäßig durchgeführt werden, um bestehende Maßnahmen hinterfragen und verbessern zu können.
- Klären Sie alle Mitarbeiter:innen – auch auf Managementebene – über die Relevanz des Themas auf. Es gilt, DEI nachhaltig in die Unternehmensstruktur zu integrieren und als zentralen Faktor in jeden Entscheidungsprozess einzubinden. Ziel ist es, DEI umfassend in allen Unternehmensbereichen zu integrieren, ohne dieses als Sonderfall zu deklarieren.
- Durch eine verstärkte Interaktion innerhalb von Teams und Aufgaben wird das Verständnis zwischen den Mitarbeiter:innen verbessert. Hier ist es wichtig, eine Kultur des offenen Austauschs über verschiedene Hierarchieebenen hinweg zu fördern.
- DEI ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, dem wir uns gemeinsam widmen müssen. Unternehmen können einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der aktuellen Situation marginalisierter Gruppen leisten. Um die Potenziale von DEI tatsächlich ausschöpfen zu können ist es wichtig, Tokenismus zu vermeiden (= symbolische Anstrengungen als Feigenblatt) und das Thema nachhaltig in der Unternehmenskultur zu verankern.
Fazit
Diversity, Equity und Inclusion (DEI) sind wichtige Erfolgsfaktoren für das nachhaltige Wachstum von Unternehmen. Eine Kultur der offenen Kommunikation, mit gegenseitigem Vertrauen und einem ausgeprägten Gefühl der Zugehörigkeit fördert Innovationen sowie die Bindung und Produktivität von Mitarbeitenden. Um erfolgreich DEI-Maßnahmen in einer Organisation umzusetzen, ist es wichtig, den Status Quo zu messen und die Ergebnisse mit relevanten Benchmarks zu vergleichen, um zielgerichtete Strategien zu entwickeln.