Was ist Impact? – mit Lorenz Röttger

Wir treffen Lorenz Röttger, Forscher, Umweltökonom und begeisterter Gärtner, in der Nähe des Berliner Büros. Bei einem Spaziergang sprechen wir über die Bedeutung von Impact und seinen persönlichen Weg in die Nachhaltigkeitsforschung.

Lorenz, „Nachhaltigkeit“ ist heute allgegenwärtig – von den Supermarktregalen bis zum Bundestag. Was verstehst du unter dem Begriff?

Unter Nachhaltigkeit verstehe ich, dass wir unsere negativen Auswirkungen („Impacts“) auf den Planeten und die Menschen minimieren und gleichzeitig positive Beiträge maximieren. Das bedeutet, heute Entscheidungen zu treffen, die sicherstellen, dass die Menschen auf dieser Erde in hundert Jahren und darüber hinaus in Wohlstand leben.

In öffentlichen Gesprächen wird Nachhaltigkeit oft im Sinne von Umweltaspekten verstanden – es gibt aber auch soziale und wirtschaftliche Dimensionen. Gleichzeitig konzentriert sich die Diskussion in der Industrie in erster Linie auf die finanziellen Auswirkungen und lässt sozio-ökologische Überlegungen häufig außer Acht.

Eine nachhaltige Entscheidungsfindung setzt voraus, dass die Auswirkungen gemessen und verstanden werden. Wie misst WifOR Impact?

Wir messen Impact daran, wie und in welchem Ausmaß sich die Aktivitäten eines Unternehmens und einer Branche auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft auswirken – sowohl in Form von positiven als auch negativen Beiträgen. Häufig werden Umweltauswirkungen mit Treibhausgasen gleichgesetzt, doch diese geben weit darüber hinaus. Sie umfassen auch Indikatoren wie beispielsweise den Verlust der biologischen Vielfalt, die Luftverschmutzung und den Wasserverbrauch. Auch der Flächenverbrauch ist von Bedeutung. Positive soziale Impacts können durch Investitionen in Bildung und Ausbildung entstehen, während Kinderarbeit, Verletzungen am Arbeitsplatz und ausbeuterische Lohnstrukturen eindeutig negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben.

Diese Indikatoren werden mit einer Vielzahl von Kennzahlen quantifiziert – Kilogramm, Stunden, Kubikmeter. WifORs Impact Analysen zielen darauf ab, die Bedeutung dieser Auswirkungen für die Gesellschaft zu definieren und einen transparenten Vergleich zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass verschiedene Indikatoren in eine Standardeinheit, ausgedrückt in einem monetären Wert, übersetzt werden.

Wie hat sich das Thema Impact in den letzten Jahren entwickelt?

Ich bin vor fast vier Jahren als Werkstudent zu WifOR gekommen. Seitdem sind in Deutschland und auf EU-Ebene Regelungen eingeführt worden. Diese Vorschriften verpflichten immer mehr Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bevor es gesetzliche Verpflichtungen gab, hatte das Thema Impact für viele Unternehmen schlichtweg keine Priorität – und so wurden wichtige Daten nur selten erhoben.

Die steigende Transparenz führt dazu, dass Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie verankert wird. Viele Organisationen haben auch erkannt, dass Impact keine Einbahnstraße ist. Eine zerstörte Umwelt und schiefe soziale Strukturen bergen ihrerseits Risiken für die Wirtschaft.

Um die Auswirkungen von Unternehmen auf die Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft messen und vergleichen zu können, benötigen wir gemeinsame Standards. Deshalb ist WifOR wissenschaftlicher Partner der Value Balancing Alliance. Ziel ist es, Unternehmen beim Benchmarking ihrer Nachhaltigkeitsleistung zu unterstützen, eine gemeinsame Methodik zu entwickeln und die Zusammenarbeit zwischen den Stakeholdern in Forschung und Industrie zu verbessern. Eine große Herausforderung besteht darin, Unternehmen dazu zu bringen, neben der wirtschaftlichen Dimension auch soziale und ökologische Faktoren zu berücksichtigen.

WifOR liefert seinen Kunden wissenschaftliche Daten über ihre Auswirkungen. Warum sind Daten wichtig für nachhaltige Entscheidungen?

Daten sind der Schlüssel, um die Auswirkungen eines Unternehmens oder einer Branche auf die Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu verstehen. Doch den meisten Organisationen ist nicht bewusst, wie Menschen auf der anderen Seite der Welt durch ihre Produktion und den Einkauf beeinflusst werden, etwa durch Lieferketten. Das Fehlen von Daten über die Auswirkungen birgt Risiken – nicht nur in Bezug auf due dilligence, sondern auch für die Erfüllung gesellschaftlicher Erwartungen. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass ein Unternehmen über Kinderarbeit beliefert wird, hat dies zu Recht Auswirkungen auf das Ansehen des Unternehmens in der Gesellschaft und wird wahrscheinlich zu Druck führen, das Problem anzugehen. Die proaktive Identifizierung von Hotspots ermöglicht es Unternehmen, beim Übergang zur Nachhaltigkeit eine Führungsrolle zu übernehmen.

Unsere Forschung bietet eine wissenschaftliche Grundlage für das Verständnis von Impact – sie macht Auswirkungen von Unternehmen oder Branchen auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft bewusst. Unsere Ergebnisse können als Grundlage für die Umsetzung von Veränderungen zur Förderung nachhaltiger Entscheidungen genutzt werden.

Welche persönlichen Ziele möchtest Du mit Deiner Forschung erreichen?

Ich möchte einen Teil zur Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen. Mein Ziel ist es, so vielen Menschen und Organisationen wie möglich dabei zu helfen, zu verstehen, wie sich ihre Entscheidungen auf unseren Planeten und unsere Gesellschaft auswirken.

Besonders stolz bin ich, wenn unsere Projektpartner:innen über das hinausgehen, was die Berichterstattung von ihnen verlangt. Letztes Jahr habe ich an einem innovativen Projekt mitgewirkt, bei dem eine Methode zur Messung der Auswirkungen von Investitionsportfolios entwickelt wurde. Der Kunde bezog seine Zulieferer mit ein und verglich die Forschungsergebnisse entlang der Wertschöpfungskette.

Letzte Frage: Das Impact Analysis Team bei WifOR wächst weiter. Wie schafft Ihr den Spagat zwischen der Integration neuer Teammitglieder und dem Erreichen einer höheren Qualität und ehrgeizigeren Forschung?

Erstens wohnen viele von uns in Berlin oder Leipzig. Wir sind oft zusammen in den Büros, was eine schnelle Kommunikation und einen häufigen Austausch ermöglicht. Außerdem haben wir regelmäßige Teamtreffen – sowohl online als auch persönlich – bei denen wir Projekte spiegeln, Workshops veranstalten und gegenseitig voneinander lernen.

Aber es ist uns natürlich wichtig, nicht nur in der Arbeitsumgebung Zeit miteinander zu verbringen. Zusätzlich zu den Veranstaltungen mit dem ganzen Unternehmen treffen wir uns regelmäßig im Team und gehen auch mal wandern, Kanu fahren und Spiele spielen. Wir haben auch ein gemeinsames Kochprojekt ins Leben gerufen, bei dem zwei Kolleg:innen eine Speise für die anderen im Büro zubereiten.

Was war bisher das beste Essen?

Tostadas mit veganem Picadillo, zubereitet von zwei mexikanischen Kolleginnen – ich liebe mexikanisches Essen!

Eine gute Entscheidung. Es war mir ein Vergnügen, Lorenz. Vielen Dank für das Interview.

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