Wie können Unternehmen, Organisationen und Regierungen die Herausforderungen des sich wandelnden Arbeitsmarktes bewältigen und ihre zukünftigen Personalbedarfe gezielt planen? Tools wie der WifOR Fachkräftemonitor liefern präzise, datengestützte Prognosen zu Fachkräfteangebot und -nachfrage in unterschiedlichen Branchen. Diese Daten unterstützen Entscheidungsträger:innen dabei, Personalengpässe frühzeitig zu erkennen, Lücken zu schließen und wirtschaftliches Wachstum langfristig zu sichern.
Der WifOR Fachkräftemonitor (FKM)
Der WifOR Fachkräftemonitor ist ein interaktives Prognosetool, das aktuelle und zukünftige Fachkräfteengpässe bis zum Jahr 2040 abbildet. Entwickelt für das Bundesland Oberösterreich, bietet der Monitor die Möglichkeit, Daten nach Regionen, Branchen und Berufen zu filtern. Dadurch entsteht eine umfassende Analyse der lokalen sowie branchenspezifischen Bedürfnisse – der erste Schritt zur Entwicklung effizienter Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitskräftebedarfe von morgen.
Bald verfügbar: Prognosen für ganz Europa
Ab 2025 wird der Fachkräftemonitor nicht nur für Österreich, sondern für alle Länder der Europäische Union verfügbar sein. Durch die Integration regionaler Datenquellen von Eurostat sowie Datenbanken für Länder, Branchen und Berufe kann das Prognosemodell von WifOR erweitert werden.
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Neu im Fachkräftemonitor
Das Tool nutzt moderne Methoden des maschinellen Lernens, um Online-Stellenanzeigen zu analysieren und so die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt präzise vorherzusagen. Die Datenbasis für das Arbeitskräfteangebot besteht überwiegend aus Eurostat-Daten, ergänzt durch spezifische Arbeitsmarktdaten von Statistik Austria. Für die Klassifizierung der Berufe wird das Internationale Standardklassifikationssystem der Berufe (ISCO) verwendet.
Der Fachkräftemonitor kann mögliche Szenarien abbilden, die den Arbeitsmarkt direkt beeinflussen:
- Eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen
- Eine Anhebung des Renteneintrittsalters
- Veränderungen in den Migrationsströmen, sowohl Anstiege als auch Rückgänge
Fachkräftemangel in Oberösterreich
Die Berechnungen aus dem Fachkräftemonitor für Oberösterreich zeigen, dass sich das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Fachkräften in den kommenden Jahren weiter verschärfen wird. Die Prognosen deuten darauf hin, dass bis 2030 rund 83.500 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden, um die Lücke zu schließen.
Bis 2040 wird der Fachkräftemangel voraussichtlich über 150.000 Fachkräfte betragen. Das bedeutet, dass fast jeder fünfte Arbeitsplatz im Land nicht mit qualifiziertem Personal besetzt werden kann. In der Region Linz-Wels, dem bevölkerungsreichsten Gebiet Oberösterreichs, wird es ein Defizit von fast 83.000 Fachkräften bis 2040 erwartet – ein Arbeitskräftemangel von knapp 20%.
Interview mit Christian Mayer: Entscheidungsfindung mit dem Fachkräftemonitor
Der Fachkräftemonitor wurde von WifOR für Business Upper Austria, die Standortagentur des Landes Oberösterreich, entwickelt. Christian Mayer, Programmmanager für Arbeitsmarkt & Fachkräfteservice bei Business Upper Austria, erläutert im Interview die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile des Tools sowie dessen Potenzial als Grundlage für zukünftige Projekte und strategische Maßnahmen.
WifOR Institute: Warum haben Sie sich dazu entschieden, den Fachkräftemonitor zusammen mit WifOR zu entwickeln?
Christian Mayer: Wir haben den WifOR Fachkräftemonitor bereits seit 2013 im Einsatz. Damals haben wir uns im Zuge von Recherchen das Modell bei der Industrie- und Handelskammer in Bayern angesehen. Bis heute haben wir kein anderes vergleichbares Modell ausfindig gemacht. Ähnliche Instrumente am Markt stellen lediglich eine Bestandsaufnahme dar. Das kostenfreie Online-Tool mit dem Prognosezeitraum bis 2040 in diesem Detailgrad ist nach wie vor einzigartig und die Neumodellierung 2024 eine sehr gelungene Weiterentwicklung auf dem neuesten Stand der Datenverfügbarkeit. Auch die Zusammenarbeit mit WifOR über die vielen Jahre ist ausgezeichnet und verlässlich.
Welche Vorteile bietet der FKM für Nutzer:innen?
Wesentlich sind sicher die vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten des Online-Tools, das kostenfrei zur Verfügung steht und somit breit zugänglich ist. Es lässt eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der regionalen Situation zu und ist grafisch sehr benutzerfreundlich aufbereitet. Im Zuge von Anfragen haben wir festgestellt, dass das Instrument auch in der Forschungslandschaft angekommen ist und zitiert wird. Strategisch orientierte HR-Verantwortliche nutzen das Tool ebenfalls, um das Arbeitskräftepotenzial für verschiedene Berufsbilder in der Region zu prognostizieren.
Welche Ergebnisse haben Sie am meisten überrascht?
Wir setzen uns seit vielen Jahren intensiv mit der Thematik auseinander. Dennoch überrascht das Gesamtbild immer wieder. Der Monitor zeigt eindrücklich, dass in unterschiedlicher Ausprägung – sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ – alle Branchen und Regionen von möglichen Engpässen betroffen sein werden bzw. bereits sind. Die Auswirkungen des demografischen Wandels werden seit vielen Jahren diskutiert. Mit dem Monitor lässt sich die damit verbundene Veränderung am Arbeitsmarkt visuell darzustellen.
Christian Mayer
Programmmanager für Arbeitsmarkt & Fachkräfteservice, Business Upper Austria
Der Monitor zeigt eindrücklich, dass in unterschiedlicher Ausprägung – sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ – alle Branchen und Regionen von möglichen Engpässen betroffen sein werden bzw. bereits sind.
Der FKM ermöglicht es, den Bedarf an Arbeitskräften für verschiedene Berufe und Branchen zu analysieren. Wie haben Ihnen diese Daten geholfen, die Bedürfnisse der einzelnen Branchen zu verstehen?
Die Diskussion um den Fachkräftebedarf wird sehr emotional geführt. Ein Ziel des Monitors ist es, diesen Diskurs zu objektivieren und die Gesamtsituation transparent darzustellen. Natürlich bildet der Monitor nicht alle Facetten der komplexen Thematik ab, dennoch zeigt er auf, dass so gut wie alle Branchen, Regionen und Berufe betroffen sind.
Der FKM zeigt auch potenzielle Szenarien wie eine höhere Beschäftigung von Frauen oder schwankende Migration. Warum halten Sie es für wichtig, diese Szenarien darzustellen?
Der FKM wird vom Land Oberösterreich im Zuge der Standortstrategie für Arbeit upperWORK 2030 gefördert und ist das zentrale Prognoseinstrument für die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Die dargestellten Szenarien sollen unterstreichen, wie bedeutend die Aktivierung zentraler arbeitsmarktpolitischer Potenzialgruppen ist und aufzeigen, wie wichtig alle Stellschrauben am Arbeitsmarkt sind, um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu verringern. Der Monitor leistet somit auch einen Beitrag zur Information und Sensibilisierung für die potenziellen Auswirkungen verschiedener Arbeitsmarktentwicklungen.
Wie werden Business Upper Austria und das Land Oberösterreich die vom FKM bereitgestellten Daten einsetzen?
Die Daten des Monitors fließen in die strategischen Reviews mit ein und werden mitunter für die Ausbildungsplanung bereitgestellt oder dienen als Argumentation für bestimmte Angebote. Der Monitor hat aber auch seine Grenzen. Beispielsweise ist die Darstellung auf Bezirksebene nicht möglich. Zur operativen kleinregionalen Kursplanung eignet sich der Monitor daher nicht. Er soll vor allem den Diskurs anregen und auch für Branchen bzw. Einzelunternehmen ein nützliches Tool sein, um HR-Vorhaben oder auch Employer-Branding-Vorhaben voranzutreiben oder sich intensiv mit möglichen Potenzialgruppen auseinander zu setzen.
Wie kann der FKM den Weg bereiten, um zukünftige Projekte und Maßnahmen zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels zu realisieren?
Der FKM ist als Policy-Instrument von upperWORK in Oberösterreich gut verankert und trägt durch seine Aktualität zur Wegbereitung bei. Der Monitor ist keine einmalige statische Darstellung, sondern wird jährlich aktualisiert und bildet einschneidende Veränderungen sehr gut ab. Arbeitsmarktpolitik hat die Aufgabe, kurzfristige Anforderungen zu erfüllen und passgenaue Lösungen sowie bedarfsgerechte Unterstützung zu bieten. Der Monitor ermöglicht durch sein Gesamtbild eine strategische Ausrichtung der inhaltlichen Schwerpunkte, gibt eine mittelfristige Orientierungshilfe und ordnet sich so als wertvolle Ergänzung zu anderen Entscheidungsparametern ein.
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